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Wo es Mehl und Asche hagelt
Fastnacht im spanischen Galicien von Günther Schenk Es scheint, als nahe der Antichrist. Scheppernd schiebt sich ein Zug Vermummter durch die Straßen. Mit einem gehörnten Ungeheuer, das gleich kiloweise Mehl spuckt. Mehr Schrecken noch bringt die wilde Jagd dahinter. Die Burschen mit den Säcken voller Ameisen. Hundertschaften bringen sie so zum Jucken. „Wir wissen“, entschuldigt sich einer der Tobenden, „dass es eine große Sauerei ist. Aber bei uns wird Fastnacht eben so gefeiert.“ In Spaniens Nordwesten hat der Mummenschanz sein eigenes Gesicht. In Galicien haben Bräuche überlebt, die andernorts längst verschwunden sind. Rituale, die Jahr für Jahr die Reporter locken. Und die Wissenschaft, die in immer neuen Studien das wilde Treiben zu entschlüsseln sucht. So wie in Laza, einem kleinen Dorf bei Verin, wo sich ein paar hundert Narren am Rosenmontag mit Asche und Mehl bombardieren. Spezialität aber sind die roten, in Lehm versteckten Ameisen, welche den Narren zum Fest um den Kopf gerieben werden. Entroido nennen sie die Fastnacht zwischen Atlantik und portugiesischer Grenze. Hier, wo sich der römische Katholizismus nur schwer gegen keltische Naturreligionen behaupten konnte, ist das Entroido eine Art Glaubensbekenntnis. Einmal im Jahr erlaubt es den Menschen, ihr Inneres nach außen zu kehren, Normen und Zwänge abzulegen, für eine begrenzte Zeit auch die Rollen zu tauschen. Männer zeigen sich dann als junge, leicht bekleidete Weibsbilder. Frauen kommen als betagte Greise. In Galicien hat die Fastnacht ihren eigenen Rhythmus, der mit dem Domingo de Fareleiro (Mehl-Sonntag) beginnt, dem dritten Sonntag vor Aschermittwoch. Es folgt der Domingo de Cinseiro (Asche-Sonntag). Festtermine, die keinen Platz im liturgischen Kalender haben. Tage, deren Namen aber verraten, was das närrische Treiben Galiciens bis heute ausmacht. Mehl- und Asche-Schlachten, die in vielen kleinen Dörfern noch immer ihre Anhänger haben. „Am ersten Sonntag wird viel gesungen“, weiß das Volk, „am zweiten viel getrunken“. Wichtigster Feiertag aber ist der Domingo de Corredoiro, der Tag der Narren. Besonderen Kopfschmuck tragen sie dann, große Hüte, die an Bischofsmitren erinnern. Farbige Bilder schmücken sie, Zeichnungen von Tieren und Pflanzen. Im Nacken baumeln Fuchsschwänze oder das Fell wilder Katzen. Holzmasken verhüllen ihre Gesichter. Und wie die Stierkämpfer tragen sie meist bunte Westen, gestickte Kostbarkeiten, an denen die Frauen oft monatelang gewerkelt haben. Häkelarbeit vom Feinsten sind auch die Strümpfe – und natürlich gehört zum weißen Narrenhemd eine Krawatte. |
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