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Löwenmut trotzt Löwenhatz Deutschlands einzige weibliche Narrenzunft hat sich in Überlingen etabliert von Monika Bönisch Der Überlinger Löwe e.V Am Fasnetssamstag juckt der Hänsele, die Leitfigur der Überlinger Fasnet, in vielfacher Ausfertigung karbatschenknallend durch die Altstadt. In den schwarz-dominierten Häsern und unter den Stoffllarven stecken allerdings ausschließlich Männer. Die Narrenmutter der Bodenseestadt ist ebenfalls ein Mann und der Narrenvater „naturgemäß“ auch. In der Fastnacht ist manches anders ... Not macht erfinderisch Viele Überlinger Mädchen und Frauen wollen sich mit diesen närrischen Zuständen nicht abfinden. Sie wollen auch ins Häs. Doch aussichtslos, das Hänsele-Häs dürfen nur männliche Überlinger tragen, das war schon immer so und soll auch so bleiben. Den Frauen, die sich ein Hänsele-Gewand ausleihen und einmal so richtig mitjucken wollen, wird bei Enttarnung sogar eine Taufe im Hänselebrunnen angedroht. So kann es nicht weitergehen. Birgit Hoffmann und Heike Niedermeyer-von Haw ergreifen im Jahr 1995 für ihre Überlinger Schwestern die Initiative: Sie wollen einen Narrenverein nur für Frauen gründen. Sicherheitshalber wird der Plan mit der Narrenzunft besprochen, die das Narrentreiben in Überlingen koordiniert. Die Stadtgeschichte soll Pate für den neuen Verein stehen, für seinen Namen und das Häs: Die Stadt Überlingen kämpfte im Bauernkrieg 1525 mit dem Kaiser gegen die Bauern. Als Dank für ihre Treue erhielten die Überlinger 1528 den Löwen als Zusatz ins Stadtwappen. Die Krone des Löwen mit sechs Zacken sollte auf den Adelsstand hindeuten, das Schwert auf den kriegerischen Hintergrund, Schwertknauf und Löwenkrallen auf die Ehrung durch den Kaiser. Ein passender Vereinsname ist gefunden: der „Überlinger Löwe“. Im November 1995 wird der neue Narrenverein gegründet. Leuchtend schöne Löwen Angeregt durch das Stadtwappen kreierten die beiden Löwenmütter ein prächtiges, leuchtend rotes Häs aus Filzfransen, auf der Brust das Überlinger Wappen. Eine Löwenmaske aus Silikon mit Haaren aus Flachs war die erste Larve. Mit der Messingkrone auf dem Haupt, dem Schwert in der Hand traten die 26 Gründungsmitglieder erstmals 1996 bei der Überlinger Fasnet auf. Sie wirkten so umwerfend, dass sich noch im gleichen Jahr Dutzende Frauen und Kinder bei den Löwen anmeldeten und mitmachen wollten. Die beiden Vereinsvorsitzenden, um weitere Verschönerung des Häs’ bemüht, ließen von Maskenschnitzer Benz in Owingen Holzlöwenmasken herstellen. Der Flachs wurde durch blondes Büffelhaar ersetzt. Die schnell wachsende Narrengruppe bekam einen festen Platz in der Überlinger Fasnet. Der Löwe begleitete am Schmotzigen Donnerstag 1997 erstmals zusammen mit den „Alten Wiebern“ in einem Abendumzug der Überlinger Frauengruppen die Narreneltern zur Narrenbaumeinweihung. Mit ihrem farbenfrohen Gewand verbreiten die Löwen Freude – sie wurden für die anderen Überlinger Narren aber auch zum Prüfstein für Toleranz. „Löwenjäger“ traten auf, die einen Stofflöwen erlegt hatten, und am Narrenbaum hing eines Tages eine Überlinger-Löwen-Puppe. Vor allem einige Hänsele fielen mit ihren verbalen Angriffen aus dem selbst gesetzten vornehmen Rahmen. Dabei passen das Schwarz der Hänsele und das Rot der Löwen ausgezeichnet zusammen. Obwohl die Mehrzahl der Überlinger Narren die Löwen unterstützt und alle zusammen wunderbare Fasnetsfeiern erlebt haben, gibt es einige Unbelehrbare. Doch die mittlerweile 411 Löwen blicken mit Optimismus und Löwenmut in die närrische Zukunft.
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