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Du Sauhund, du versoffene ...
Ein feuchter Aschermittwochsbrauch: Das Begraben des Fideli in Wilflingen von Wulf Wager
Es ist der Nachmittag des Aschermittwoch. Das kleine hohenzollerische Dorf Wilflingen wirkt wie ausgestorben. Es liegen noch Schneereste und ein eiskalter Wind pfeift um die Häuser. Im Gasthof Traube, dem letzten noch verbliebenen Gasthaus des Dorfes, treffen sich einige junge Männer, die von der Fastnacht scheinbar noch nicht genug haben. Auf dem Fußboden im Nebenzimmer liegt eine Strohpuppe auf einer alten Leiter aufgebahrt da. Am Tisch sitzen die jungen Männer in schwarzen Anzügen und brüten über den Texten, die sie am Nachmittag bei dem bevorstehenden Zug durch das Dorf verkünden wollen. Meist handelt es sich bei den Inhalten dieses Rügebrauchs um Verfehlungen von Narrenräten und Narren, die sich während der gerade zu Ende gegangenen Fasnet ereignet haben. Ich wundere mich also nicht, dass fast alles in nahezu ohnmächtigen Rauschzuständen passiert sein muss.
Es braucht schon eine ganze Batterie von Weizenbier, Pils und Wein, bis „Pfarrer“ und „Mesner“ den Liedtext für das „Begraben des Fideli“ zusammengetextet haben. Doch irgendwann ist es soweit und die Jugendmusikkapelle baut sich vor dem Gasthaus auf, um im sehr langsamen Tempo den Narrenmarsch zu intonieren. Dem schließen sich der „Pfarrer“ mit dem Roten Umhang und einem Fez sowie der „Mesner“ im schwarzen Anzug und der Träger des Weihwasserfasses an. Aus dem Plastikeimer verteilt er mit eimem Handfeger großzügig seinen feuchten Segen an die Passanten, die sich spärlich dem Trauerzug anschließen. Zwei junge Männer tragen einen großen quadratischejn Eisenbehälter, aus dem es lichterloh brennt – das Rauchfass. Den Schluss der Truppe bildet der Fideli, die Strohpuppe, die ehrfurchtsvoll von vier Männern getragen wird.
So zieht der eigentümliche Zug durch den Ort. An großen Plätzen wird angehalten und „Pfarrer und Mesner“ beginnen abwechselnd ihren im eintönigen Singsang vorgetragenen Spott zu vergießen. Immer wieder wird die Litanei von lautem „Oh Fideli, ojeh, ojeh!“ unterbrochen. Wer nicht aufpasst, oder wer leichtfertig das Autofenster herunterlässt, bekommt sofort eine gesegnete Ladung an Wasser ab, was bei dieser Kälte nicht gerade angenehm ist.
Etwa zwei Stunden später kommt der Zug wieder an der „Traube“ an. Auf der freien Fläche gegenüber des Wirtshauses ist ein kleiner Scheiterhaufen aus, an der Fasnet geleerten Sektschachteln und anderem Brennbaren aufgebaut. Die Träger legen die Fidelipuppe darauf ab. Die bekommt noch einen letzten Segen und wird dann dem Feuer überantwortet.
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