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Der Wolfacher Nasenzug von Frank Schrader Der Nasenzug in Wolfach beginnt am Fasnetzieschtig um 17 Uhr vor dem Stadtwall bei der Gastwirtschaft Zum Herrengarten. Es versammeln sich dort bis zu 350 Männer, ausgestattet mit einer möglichst fantasievoll gestalteten Nase, einer meist von einem alten Anzug stammenden Jacke, deren Futter nach außen gewendet ist, einem Krachinstrument und einem Hut, der mit einem „Reifschniiderspän“, einem Holzspan, der beim Herstellen hölzerner Fassreifen entsteht, geziert ist.
Der Anführer des Nasenzugs trägt eine Kopie des Heckerhutes auf dem Kopf, der 1849 beim Festspiel „Don Quijote“ von Sancho Pansa getragen wurde, und hält einen Reisigbesen in Händen, der den bevorstehenden Kehraus symbolisiert und mit dem das Zeichen für den Start des Zuges gegeben wird. Im Gänsemarsch laufen nun die Nasenzügler mit Krach und Radau kreuz und quer durch die ganze Stadt, durch enge Gassen und Winkel zwischen den Häusern, die sonst das ganze Jahr über nicht benutzt werden; die durchschnittliche Wegstrecke, deren Verlauf von Jahr zu Jahr etwas variiert, beträgt ungefähr 3,2 Kilometer. Beim Betreten der Wirtschaften ruft der Anführer den Gästen zu: „Ihr Männer, gen heim zu eure Wiiber! D’ Fasnet hot e Loch!“ und wischt mit seinem Besen den Fasnetsstaub von den Wänden.
Hat der Zug die Stadtbrücke überquert, geht es für viele Nasenzügler erst richtig los, denn nun stehen nur noch wenige Zuschauer am Straßenrand, und der närrische Lindwurm mäandert fast für sich allein durch die Gassen der Stadt bei zunehmender Dunkelheit. Nach über zwei Stunden endet der Zug in einem spiralförmigen, immer enger werdenden Gang der Teilnehmer um die alte Linde im Schlosshof, der Krach dröhnt tausendfach von dem alten Gemäuer wider, bis alle zum Stillstand kommen, der Anführer auf die Holzbank an der Linde steigt, den Lärm durch ein Zeichen seines Besens zum Verstummen bringt und eine herzzerreißende Abschiedsrede auf die Fasnet hält, die von den Nasenzüglern mit Jammern begleitet wird; doch ihr lautstarkes Jubeln ertönt bei den Worten, dass es ab Mitternacht scho wieder degege goht. Schließlich rufen alle unter Aufbietung ihrer letzten Kräfte laustark die Wolfacher Fasnetssprüche auf. Die Wurzeln dieses so seltsam anmutenden Umzuges reichen ideengeschichtlich bis ins Mittelalter zurück. In der Physiognomie gilt eine große Nase als Zeichen von Kraft, Männlichkeit und Energie. Schon bei dem antiken römischen Dichter Ovid steht der Vers: „Aus der Nase kann man sehn, wie des Mannes Kräfte stehn.“ Im Mittelalter führte dies zu der Sitte des „Nasentanzes“, der zu den Werbetänzen gerechnet wird, bei denen der Besitzer der größten Nase als „Nasenmonarch“ mit Preisen prämiert wurde.
Der Kupferstecher, Zeichner, Maler und Holzschneider Hans Sebald Beham (1500–1550) fertigte 1534 den Holzschnitt „Der Nasentanz zu Gimpelsbrunn“, der ein Gedicht des Nürnberger Dichters Hans Sachs (1494–1576) illustriert. Darauf zu sehen ist ein Reigen von sieben Männern und einer Frau, die, von Musikanten begleitet, im Gänsemarsch herumspringen. Auf einem um 1540 entstandenen Holzschnitt des Augsburger „Formenschneyders“ Anthony Corthoys ist der „Nasentanz“ zwischen einem Narren mit Eselsohrenkappe und seiner Base dargestellt. Hans Sachs schrieb 1550 über das Thema, ein „Fasnacht spil, das ist mit 9 Personen zu spiln und haiset der Nasentanz“, in dem der Schultheiß einen Wettbewerb auslobt und den Männern mit den drei größten Nasen einen Gewinn verspricht. Nun treten nacheinander mehrere Männer hervor und preisen ihre jeweiligen überdimensionierten Riechorgane. |
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