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Heisse Bräuche an kalten Tagen
Eine Reise durch die schwäbisch-alemannische Fasnet

von Wulf Wager

Da sich die Bräuche an den Fasnetshaupttagen drängen, haben wir für Sie eine wunderbare Reiseroute zusammengestellt, bei der Sie möglichst viele Facetten der traditionellen Narretei Baden-Württembergs erleben können.

Der schwarze Elzacher Teufelsschuddig schürt das Feuer am Fasnetssonntag. Foto: Hardy Gertz



Wir beginnen die Reise am Fasnetssamstag in Schömberg im Zollernalbkreis. Abends ab etwa 19 Uhr findet in den Gasthäusern das „Maschgera“ der Jahrgänge statt. Die Jahrgangsgruppen ziehen in originellen Verkleidungen und mit lustigen Themen und Vorführungen durch die Gasthäuser. Damit Sie nicht auffallen, dürfen Sie Ihr Haupt gerne mit einem Fasnetshut bedecken. Im Gasthof Plettenberg ist das „Maschgera“ am schönsten zu erleben. Übernachten Sie dort oder im Café Baier. Beides sind rustikale Gasthöfe. Wer es nobler mag, muss sich in Balingen oder Rottweil einquartieren.

Foto: Archiv / Jutta Motschenbacher


Am Sonntagfrüh findet um 9 Uhr die Fasnetsmesse in der Stadtkirche statt. Die Zwanzger, die die wichtigsten Träger der Schömberger Fasnet sind, ministrieren. Anschließend, um 11 Uhr 11 rufen die männlichen Zwanzger im Städtle die Fasnet aus, während die Mädchen das Narrenblättle verkaufen.

Um 14 Uhr beginnt der ungewöhnlich farbenprächtige Umzug, der bis zu tausend Schömberger Narren und Musikanten vom Gasthof Plettenberg über den Marktplatz und die Altstadt und wieder zurück zum Marktplatz führt. Direkt anschließend beginnt die traumhaft schöne Polonaise, die je nach Anzahl der „mitjuckenden“ Fransenkleidle und Fuchswädl eine gute Stunde dauert. Vor dem Zollhaus kann man etwas erhöht stehen und hat einen guten Überblick über den farbenfrohen Traditionstanz, der in Schömberg nur „da Bolanes“ genannt wird.

Foto: Archiv / Jutta Motschenbacher


Danach reicht die Zeit noch gut, um im Café Baier einen Kaffee zu trinken und ein Stückle Kuchen zu essen, bevor Sie sich auf den Weg über Rottweil und Schramberg nach Elzach machen. Dort findet am Fasnetssonntag um 20 Uhr der Fackelumzug der beeindruckenden rot-zotteligen Schuddige statt. Ein eindrucksvolles und teilweise auch furchterregendes Narrentreiben.

Wenn Sie am Bärenplatz in der Stadtmitte stehen, zieht der Umzug zweimal an Ihnen vorbei und Sie erleben auch, wie alle Fackeln am Narrenbrunnen in eine Blechwanne geworfen werden und der schwarze Teufelsschuddig darüberspringt. Um an diesem exponierten Platz stehen zu können, müssen Sie mindestens eine Stunde vorher da sein. Wenn es Ihnen genügt, den Umzug einmal zu sehen und Sie das feurige Ende nicht miterleben wollen, dann platzieren Sie sich etwas weiter außerhalb. Da geht es dann nicht so eng zu.

Der prächtige Tanz der Schömberger Narren ist einer der schönsten Bräuche der
schwäbisch-alemannischen Fasnet. Foto: Hardy Gertz



Nächtigen Sie irgendwo zwischen Elzach und Wolfach. Am Fasnetsmontagmorgen, der in Wolfach „Schellementig“ heißt, beginnt der „Wohlauf“. Tausende Narren, alle in weiße Nachthemden gewandet, ziehen mit allerhand Lärminstrumenten durch das alte Narrenstädtle an der Kinzig. Mit dabei: ein Festwagen mit einem Bett, in dem der „Wohlauf“ schläft. An verschiedenen Plätzen erhebt er sich und singt sein Wohlauflied. Faszinierend, wie der Höllenlärm innerhalb einer Sekunde völlig verstummt. Platz für Zuschauer gibt es genug. Lassen Sie sich einfach mit der Masse treiben. Der Umzug beginnt um 5.30 Uhr. Es reicht, wenn Sie eine Viertelstunde vorher dort sind. Anschließend können Sie irgendwo in Wolfach oder auf dem Weg nach Schramberg frühstücken. In Schramberg sind schon ab 6 Uhr die Katzenmusiken unterwegs. Um 10 Uhr können Sie alle auf dem Rathausplatz erleben, bevor um 10.30 Uhr der Aufzug der „Da-Bach-na“-Fahrer mit ihren Zubern durch die Innenstadt stattfindet.


Das barocke Rollkinn der Rottweiler Teufelsfigur "Federhannes" ist besonders auffällig. Foto: Wulf Wager



Um 13 Uhr beginnt die weit bekannte „Da-Bach-na-Fahrt“ auf dem Kirchenbach. Die 40 urigen Gefährte dieses phänomenalen Wasserumzugs sind alle auf einem Holzzuber – in Schramberg Gelten genannt – aufgebaut. Kaum einer der „Da-Bach-na“-Fahrer kommt trocken am Ziel an. Dann tönt es aus den Kehlen der Zuschauer: „Patsch nass!“ Es gibt zwar genügend Plätze für die rund 30 000 Zuschauer, aber am besten organisieren Sie sich rechtzeitig vorher einen Tribünenplatz.

In Schramberg geht es am Fasnetsmontag
eiskalt "da Bach na". Foto: Ralf Siegele















Schauen Sie sich anschließend um 14.30 Uhr noch den Umzug in Schramberg an. Die imposanten Hansel und Narros verteilen Tausende von Brezeln an die Zuschauer. Riesige Umzugswagen, viele Narrenzünfte und originelle Gruppen sind bei diesem Umzug zu bewundern. Bleiben Sie am Abend in Schramberg und genießen Sie die Wirtschaftsfasnet oder gehen Sie zum „Bach-na“-Fahrer-Ball in den Bärensaal. Auch hier sollten Sie sich rechtzeitig Karten organisieren. Übernachten Sie zwischen Schramberg und Rottweil. Eine Alternative ist das Scherbelgruppenlaufen in Möhringen. Begeben Sie sich in eines der Gasthäuser und genießen Sie die närrische Kreativität. Wochenlang ist dafür genäht, gebastelt und getextet worden. Bunte Gruppen ziehen zu bestimmten Themen verkleidet und glossierend durch die Wirtshäuser, zum Beispiel durch das Gasthaus zum Hecht. Wichtig: Rechtzeitig da sein oder einen Tisch reservieren.

Mit Peitschenschlag und Schellenklang macht sich
der Strauhbär auf den Weg. Foto: Ralf Siegele


Am Fasnetsdienstag machen Sie sich frühzeitig auf den Weg nach Rottweil, um dort den Narrensprung zu erleben. Parken Sie an der L 423 auf der Brücke über der Eisenbahnstrecke. Von dort sind Sie in wenigen Fußminuten in der Altstadt. Während beim Narrensprung am Montag sowohl zu viele Narren als auch viel zu viele Zuschauer die Stadt bevölkern, ist der Narrensprung am Fasnetsdienstag kleiner und intimer. Wenn Sie nicht gerade direkt vor dem Schwarzen Tor stehen wollen, dann reicht es, wenn Sie 20 Minuten vor acht im unteren Bereich der Hauptstraße auftauchen. Sie haben von dort einen wunderbaren Blick auf das Schwarze Tor und die Glockenschlag 8 Uhr herausquellende Narrenschar. Wenn Sie sich in Höhe des Gasthauses Lamm an den Umzugsweg stellen, haben Sie auch immer eine Musik vor den Ohren. Wenn es Ihnen zu kalt wird, gehen Sie in die Weinstube Lamm in den ersten Stock. Von dort aus haben Sie einen wunderbaren Blick auf den Narrensprung und können zudem warme Getränke genießen. Bleiben Sie in Rottweil und genießen Sie das „Narren“ im Städtle.

Anschließend machen Sie sich auf den Weg ins nahe Wilflingen. Dort können Sie zwischen 14 und 16 Uhr das Treiben des Strohbären erleben. Das 900-Seelen-Dorf ist nicht groß und es führt nur eine Straße hinein. Sie werden den Strohbären schnell entdecken und auch die tänzelnden „Narren“ mit ihren drei bis fünf um den Bauch gebundenen Glockenriemen. Es ist ein eindrucksvolles, archaisches Narrentreiben, das praktisch unter Ausschluss der Zuschauer stattfindet. Das machen die Wilflinger nur für sich. Gäste sind trotzdem herzlich willkommen.

In Bad Cannstatt schlägt beim Schwerttanz
die letzte Stunde des Narren. Foto: Archiv

Wenn Sie unserem Tipp bis jetzt gefolgt sind, haben Sie so viel wie nur möglich von der traditionellen schwäbisch-alemannischen Fasnet erlebt. Wenn Sie noch nicht genug haben, dann machen Sie sich auf in die Landeshauptstadt, und dort in den alt-ehrwürdigen Stadtteil Bad Cannstatt. Um 19 Uhr findet vor dem Alten Rathaus der Schwerttanz statt – ein historischer Zunfttanz. Lassen Sie die Fasnet anschließend in einer der gemütlichen Weinstuben in Bad Cannstatt ausklingen. In der Weinstube Zaiß oder in der Weinstube Klösterle werden Sie sicher die Cannstatter Felbenköpfe erleben, die in diesen letzten Fasnetsstunden mit der Strohpuppe, dem „Hesekiel“, durch die Gasthäuser ziehen, ehe sie um 23.45 Uhr durch die Marktstraße zur Wilhelmsbrücke gehen, wo die Fasnetsverbrennsäufung stattfindet. Hier geht man auf Nummer sicher. Die Fasnet wird auf der Wilhelmsbrücke verbrannt und anschließend im Neckar ersäuft. Sie können an jeder beliebigen Stelle die Tour beginnen oder beenden. Nichts bedingt einander.


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